Der Bundesrat hat am 16.12.2022 dem Jahressteuergesetz 2022 (JStG) zugestimmt. Diese Zustimmung war im Vorhinein nicht sicher und das Gesetz umstritten. Ab sofort bzw. ab dem Veranlagungszeitraum 2023 oder in einigen Fällen auch rückwirkend gelten jedoch nun in verschiedenen Bereichen des deutschen Steuerrechts veränderte Regelungen. Im Folgenden geben wir einen Überblick über die wichtigsten Änderungen.

– Ertragssteuerbefreiung für bestimmte Photovoltaikanlagen, § 3 Nr. 72 EStG

Rückwirkend ab dem 01.01.2022 sind Einnahmen aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen ertragssteuerbefreit, sofern eine Bruttonennleistung von 30 kW auf Einfamilienhäusern und Gewerbeimmobilien bzw. 15 kW je Wohn- und Gewerbeeinheit bei übrigen Gebäuden (z.B. Mehrfamilienhäuser) nicht überschritten wird.

Die Steuerbefreiung gilt für den Betrieb einer einzelnen Anlage oder mehrerer Anlagen bis maximal 100 kWp unabhängig von der Verwendung des erzeugten Stroms. Die Grenze ist dabei pro Steuerpflichtigen bzw. Mitunternehmerschaft zu prüfen.

Werden in einem Betrieb nur steuerfreie Einnahmen aus dem Betrieb von begünstigten Photovoltaikanlagen erzielt, soll hierfür kein Gewinn mehr ermittelt werden müssen. Bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften (z. B. Vermietungs-GbR) soll der Betrieb von Photovoltaikanlagen, welche die begünstigten Anlagengrößen nicht überschreiten, nicht zu einer gewerblichen Infektion der Vermietungseinkünfte führen.

– Lieferung und Installation von Photovoltaikanlagen, § 12 Abs. 3 UStG

Ab dem 01.01.2023 gilt für die Lieferung, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Photovoltaikanlagen sowie deren Installation einschließlich der Stromspeicher ein sogenannter Nullsteuersatz. Somit soll der Bürokratieaufwand, der bislang oft angefallen ist, weil aufgrund des Vorsteuerabzugs auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichtet wurde, verringert werden, da ohnehin keine Umsatzsteuer mehr anfällt.

Voraussetzung ist, dass die Photovoltaikanlage auf und in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen oder anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Beträgt die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage nicht mehr als 30 kWp soll davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen erfüllt sind.

– Häusliches Arbeitszimmer, § 4 (5) Satz 1 Nr. 6b EStG

Der Aufwand für ein Arbeitszimmer konnte bisher in voller Höhe abgezogen werden, wenn der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer liegt. Ein begrenzter Abzug bis 1.250 EUR war bisher möglich, wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

Bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit, können die Aufwendungen weiterhin in voller Höhe abgezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Anstelle des Abzugs der tatsächlichen Aufwendungen ist jetzt auch ein pauschaler Abzug in Höhe von 1.260 EUR möglich. Bei der Pauschale handelt es sich um einen Jahresbeitrag, der monats- und personenbezogen zu berücksichtigen ist.

Wird die Tätigkeit nur tageweise in der häuslichen Wohnung ausgeübt, weil an den übrigen Tagen ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, kommt ein Abzug der Aufwendungen nur über die Homeoffice-Pauschale in Frage.

Die Änderung gilt für nach dem 31.12.2022 in der häuslichen Wohnung ausgeübte Tätigkeiten.

– Homeoffice-Pauschale, § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG

Die sogenannte Homeoffice-Pauschale, welche im Zuge der Corona-Pandemie eingeführt wurde, wird dauerhaft entfristet und auf 6 EUR statt 5 EUR pro Tag angehoben. Der maximale Abzugsbetrag wird zudem von 600 EUR auf 1.260 EUR erhöht, was 210 Tagen entspricht.

Werden verschiedene betriebliche oder berufliche Tätigkeiten ausgeübt, sind sowohl die Tagespauschalen als auch der Höchstbetrag auf die jeweiligen Tätigkeiten aufzuteilen.

Der Abzug der Tagespauschale ist neben dem Abzug von Fahrtkosten für Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Dies Bedarf einer genauen Einzelfallprüfung.

Die Homeoffice-Pauschale wird nicht zusätzlich zum Arbeitnehmer-Pauschbetrag gewährt, sondern darin eingerechnet. Arbeitsmittel sind ausdrücklich nicht von der Homeoffice-Pauschale abgegolten und können zusätzlich geltend gemacht werden.

Die Änderung gilt für nach dem 31.12.2022 in der häuslichen Wohnung ausgeübte Tätigkeiten.

-Aktive und passive Rechnungsabgrenzungsposten (RAP), § 5 Abs. 5 Satz 2 EStG

Zur Vermeidung von erheblichem Bürokratieaufwand stellt die Neuregelung nun klar, dass die Bildung eines RAP unterbleiben kann, wenn die jeweilige Einnahme bzw. Ausgabe den Betrag des § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG in Höhe von 800 EUR (GWG-Grenze) nicht übersteigt. Das Wahlrecht ist einheitlich auszuüben.

Die Änderung gilt erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2021 enden.

– Gebäude-AfA, § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG

Ab dem Veranlagungszeitraum 2023 gilt für nach dem 31.12.2022 erstellte Wohngebäude ein linearer AfA-Satz von 3 Prozent statt zuvor 2 Prozent. Die daraus resultierende kürzere Abschreibungsdauer hat jedoch keinen Einfluss auf die Beurteilung der tatsächlichen Nutzungsdauer, welche weiterhin regelmäßig mehr als 50 Jahre beträgt.

– Arbeitnehmer-Pauschbetrag, § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG

Bereits 2022 wurde der Arbeitnehmer-Pauschbetrag rückwirkend ab dem 01.01.2022 um 200 EUR auf 1.200 EUR angehoben. Mit dem JStG 2022 wird der Betrag ab dem Veranlagungszeitraum 2023 nochmal auf 1.230 EUR erhöht.

– Altersvorsorgeaufwendungen, § 10 Abs. 3 Satz 6 EStG

Ab dem Jahr 2023 wird erstmals ein vollständiger Abzug von Altersvorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben möglich sein. Der Abzug von 100% war ursprünglich erst für das Jahr 2025 geplant, ist aber aufgrund bestehender BFH-Urteile und der auf lange Sicht zu vermeidenden „doppelten Besteuerung“ von Renten aus der Basisversorgung erforderlich.

– Sparer-Pauschbetrag, § 20 Abs. 9 EStG

Der Sparerpauschbetrag wird von 801 EUR bzw. 1.602 EUR bei Zusammenveranlagung auf 1.000 EUR bzw. 2.000 EUR erhöht. Zur Vereinfachung der technischen Umsetzung werden bereits erteilte Freistellungsaufträge prozentual erhöht.

Die Erhöhung gilt ab dem 01.01.2023.

– Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, § 24b Abs. 2 Satz 1 EStG

Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende steigt um 252 EUR auf 4.260 EUR. Arbeitgeber haben den angepassten Betrag bei den Lohn-, Gehalts- und Bezügeabrechnungen ab Januar 2023 zu berücksichtigen.

– Ausbildungsfreibetrag, § 33a Abs. 2 Satz 1 EStG

Ebenfalls ab dem Veranlagungszeitraum 2023 wird der Ausbildungsfreibetrag angehoben. Der Freibetrag, welcher zur Abgeltung eines Sonderbedarfs eines sich in Berufsausbildung befindenden, auswärtig untergebrachten, volljährigen Kindes, für das Anspruch auf Kindergeld besteht, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden kann, erhöht sich von 924 EUR auf 1.200 EUR.

– Bewertung: Ertrags- und Sachwertverfahren, BewG

Im Bewertungsgesetz werden insbesondere das Ertrags- und Sachwertverfahren zur Bewertung bebauter Grundstücke sowie die Verfahren zur Bewertung in Erbbaurechtsfällen und Fällen mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden an die geänderte Immobilienwertermittlungsverordnung vom 14. Juli 2021 angepasst.

Es soll sichergestellt werden, dass Grundstückswerte weiterhin bei der Grundbesitzbewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie Grunderwerbsteuer sachgerecht angewendet werden können. Insbesondere werden dabei die Liegenschaftszinssätze (§ 188 Abs. 2 Satz 2 BewG) und die Wertzahlen für das Sachwertverfahren (§ 191 Satz 2 BewG i.V.m. Anlage 25 zum BewG) an das aktuelle Marktniveau angepasst.

Vor allem bei Übertragungen von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie Eigentumswohnungen kann es so zum erheblichen Anstieg der Schenkungs- und Erbschaftsteuer kommen.

Die Neuregelung gilt für Bewertungsstichtage ab dem 31.12.2022.

 

Neben den vorgestellten Gesetzesänderungen regelt das JStG diverse weitere Änderungen in einer Vielzahl verschiedener Gesetze. Für jegliche Fragen rund um das neue Gesetz sowie allen weiteren Anliegen stehen wir Ihnen sehr gerne zur Verfügung.

JStG 2022 vom 16.12.2022